„Karma statt Kicker!“ – Warum wir Skilled Volunteering ins Büro bringen

Veröffentlicht am: 03.06.2018 | Geschrieben von: Sebastian Schütz

Mit einem skill-basierten Corporate-Volunteering Programm wollen wir Mitarbeiter*innen von Startups, Unternehmen und Agenturen in Zukunft die Möglichkeit bieten, sich mit ihren Fähigkeiten zu engagieren.

© Stefan Stefancik (via Unsplash)

Die Digitalisierung der Zivilgesellschaft ist in aller Munde. In den letzten Jahren konnten wir auf youvo.org miterleben, wie wichtig dabei die Expertise von Ehrenamtlichen ist, die sich in Studium und Job mit UX-Design, IT, Digitalisierungsstrategien, Online-Kommunikation oder Social Media auseinandersetzen. Viele soziale Initiativen erleben diese neuen Anforderungen, die an ihre Arbeit gestellt werden als lähmend und müssen sich wie kommerzielle Akteure ebenso an neue Ansprüche anpassen, um ihrer inhaltlichen Arbeit auch in Zukunft wirkungsvoll nachgehen zu können. (Vgl. bspw. Digitalisierung in NGOs, 2018)

Auf der anderen Seite fragen immer mehr (vor allem junge) Mitarbeiter*innen nach dem Sinn im Job und haben Lust, sich im Rahmen ihrer Arbeit zu engagieren und einen Unterschied zu machen – genau wie unsere Community. (Vgl. bspw. Millenial Employee Engagement, 2016)

Wir dachten uns: Da kann man doch was machen und haben deshalb einen neuen Zweig von youvo gestartet: youvo.work, bei dem genau diese beiden Gruppen zusammenfinden. In fähigkeitsbasierten Engagementprojekten – so wie auf youvo.org.

Das Potential für ein digitales, ehrenamtliches Engagement ist so groß wie nie zuvor

Seit Anfang des Jahres konnten wir über youvo.org 85 Engagementprojekte vermitteln. 90 Kreative und Digitalexpert*innen haben spannende Projekte umgesetzt und 76 soziale Organisationen mit ihren Fähigkeiten unterstützt. Dabei entstanden SEO-Strategien, neue Websites und Newsletterformate, Beratungsgespräche über den gezielten Einsatz von Social Media und digitalen Tools sowie langfristig ausgerichtete, digitale Kommunikationsstrategien. Die Digitalisierung hat es möglich gemacht, dass Engagement und Ehrenamt nicht nur im Verein um die Ecke, sondern auch virtuell mithilfe von Slack, Skype, E-Mail und vielen weiteren digitalen Tools möglich wird. Eine Designerin in Peru kann ein Hamburger Bildungsprojekt unterstützen – ohne dass beide Seiten sich physisch gegenüber sitzen. Online Volunteering funktioniert. Das Potential ist groß.

Nicht nur die DSGVO und ein veränderter Facebook-Algorithmus stellen soziale Vereine vor große Herausforderungen

Zugleich wachsen die Herausforderungen für kleinere Vereine und soziale Organisationen. Während die neue DSGVO vielen Vereinen eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz abverlangt, stellt beispielsweise die Veränderung des Facebook-Algorithmus Social Media-Verantwortliche vor knifflige Herausforderungen. Ferner stellt sich zunehmend die Frage, inwiefern die Digitalisierung neben ihren großen Potentialen für die Öffentlichkeitsarbeit, das Fundraising und die Gewinnung von Ehrenamtlichen und Mitstreiter*innen auch im Kerngeschäft sozialer Initiativen für mehr Wirkung sorgen kann. Was kann zum Beispiel ein Team von IT- oder Online Marketing-Expert*innen in der Zusammenarbeit mit sozialen Initiativen bewirken? Welche Impulse können sie setzen, um die Digitalisierung der Zivilgesellschaft sinnvoll voranzutreiben?

Digitale Expertise schlummert nicht nur an der Uni, sondern auch in Unternehmen

Als wir vor 5 Jahren mit youvo.org an den Start gingen, richtete sich unser Angebot in erster Linie an Studierende aus den Bereichen Design, Medienproduktion und Kommunikation, die Praxisprojekte suchten und sich mit mit ihren Fähigkeiten für eine bessere Welt einsetzen wollen. Über die Jahre meldeten sich zunehmend auch Freelancer*innen auf youvo.org an. Sie suchten nach Herzprojekten als willkommene Abwechslung zum Arbeitsalltag, bei denen sie mit ihrer Expertise helfen konnten. Dieser Perspektivwechsel erlaubte ihnen neue, kreative Ideen zu entwickeln und Projekte umzusetzen. Tatsächlich melden sich vermehrt auch Nutzer*innen an, die seit Jahren in einem Unternehmen oder einer Agentur tätig sind, bringen ihre Fähigkeiten ein und engagieren sich. Gemeinsam mit unseren Freundinnen von vostel haben wir in einem Pilotierungsprojekt mit Mitarbeiter*innen von Zalando aus den Bereichen Online Marketing, Frontend Development, User Research und IT-Projektmanagement und Berliner Organisationen zusammengebracht, die komplexere Online-Projekte in kleinen Teams umsetzen.

New Work braucht mehr als Tischkicker und Feelgood-Manager

Neue Arbeitswelten in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung verlangen von vielen Mitarbeiter*innen mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, aber auch Empathie für neu organisierte Teams. Diese Fähigkeiten lernen sich am eindrucksvollsten in der Praxis. Warum nicht in der Zusammenarbeit mit sozialen Inititiativen, die in sehr anderen Kontexten agieren und beispielsweise nicht die IT-Abteilung anrufen können, wenn der Computer mal wieder streikt? Pragmatische Lösungen und eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Adressat*innen eröffnen ein neues Verständnis für gesellschaftliche Problemstellungen und deren Lösungen und stärken Solidarität und Zusammenhalt. Wir sind der Meinung, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in der Zukunft an Bedeutung gewinnen wird und wollen gern einen Baustein für eine wirkungsvolle Begegnung sozialer Organisationen und Unternehmen auf Augenhöhe ermöglichen. So ändert der belächelte Kicker im Büro vielleicht wenig, während ein wirklich sinnstiftendes Erlebnis durch ein fähigkeitenbasiertes Engagement eine verantwortliche Untenehmenskultur spürbar werden lässt und die Arbeit sozialer Initiativen nachhaltig stärkt.

Skilled Volunteering ist eine sinnstiftende Form des Unternehmensengagements

Wir nennen das Skilled Volunteering – angelehnt an den Begriff des Corporate Volunteerings, bei dem Mitarbeiter*innen sich meist gemeinsam für einen Tag oder mehr für eine lokale Initiative engagieren und ein Spielzimmer streichen, Kleidung sortieren oder Bäume pflanzen. Diese Teamevents sind eine willkommene Abwechslung zum Büroalltag und eine tolle Möglichkeit, ein soziales Projekt kennenzulernen. Aber nicht selten haben die Organisationen noch andere Bedürfnisse als ein frisch gestrichenes Büro. Sie brauchen vielleicht unbedingt Unterstützung bei der Planung des nächsten Fundraisingevents oder strategische Beratung für ihre neue Website. Die Menschen, die bei diesen Aufgaben helfen könnten, sind allerdings gerade damit beschäftigt, Muttererde im Garten zu verteilen...

Weil wir glauben, dass ein Engagement mit den eigenen Fähigkeiten besonders wirkungsvoll ist, haben wir youvo.org gegründet und jetzt unseren neuen Zweig youvo.work.

Unser Commitment zum sozialen Unternehmertum

Uns war es von Anfang an wichtig, Engagement zu ermöglichen, wo es ansonsten vielleicht nicht zustande kommt und die Bedingungen dafür in enger Absprache mit unserer Community festzulegen. Das heißt, dass die Nutzung unserer Plattform für alle immer kostenlos sein sollte, denn wenn soziale Organisationen doch irgendwo ein kleines Budget haben sollten, ermutigen wir sie dazu, dieses als Aufwandsentschädigung an die Engagierten weiterzureichen.

Wir stecken seit Anbeginn sehr viel Zeit in die Entwicklung unserer Plattform, die Beratung der Organisationen und die Betreuung der Projekte. Dies war in den letzten Jahren auch wegen entscheidende Förderungen der Robert-Bosch-Stiftung und durch das Preisgeld der Google Impact Challenge 2016 möglich. Wie wir schon in unserem Jahresrückblick angesprochen haben, haben wir uns dieses Jahr zum Ziel gesetzt, eine nachhaltige Finanzierungsstrategie zu entwickeln und youvo.work als sozialunternehmerischen Zweig von youvo aufzubauen. Schon durch unser Stipendium von Social Impact 2015–2016 haben wir gelernt, wie man soziale Ansätze wirtschaftlich denkt und uns deshalb entschieden, in Zukunft mit einem so genannten hybriden Geschäftsmodell zu agieren, bei dem der Business-Zweig den gemeinnützigen Zweig querfinanziert. Soweit zur Theorie.

Wir sind sehr gespannt auf Eure Meinungen, Ideen und Gedanken dazu und freuen uns auf dieses neue Kapitel, noch viel mehr soziale Wirkung und spannende Projekte.

Danke, dass Ihr uns auf dieser Reise begleitet, denn wie immer gilt: Ohne Euch gäbe es youvo nicht.

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